Versus Populum - das Volk als Teil der Kirchengemeinschaft
1884 in Olmütz, Tschechien, damals Teil der Habsburgermonarchie, wurde der bekannte Geistliche unter dem bürgerlichen Namen Johann Parsch geboren. Nach dem Besuch des örtlichen Gymnasiums trat er 1928 als Novize in das Stift Klosterneuburg ein, wo er den Ordensnamen „Pius“, „der Fromme“ oder der „Tugendhafte“, annahm. Durch seine mehrfache Tätigkeit als Feldgeistlicher und Militärseelsorger an der Ostfront des 1.Weltkriegs in der Gegend von Kiew, lernte er die Liturgie der orthodoxen Kirche kennen und erkannte den großen Wert der Verständlichkeit der Bibel und des Ritus für jeden Gläubigen.
Seit den 1920er Jahren suchte er Möglichkeiten allen Getauften die aktive Teilnahme („participatio actuoso“) zu erleichtern. Er erreichte dies vor allem durch die Verwendung der Volkssprache und das Abhalten der Messe „versus populum“, also zum Volk gerichtet. Parsch widmete sich, im Gegensatz zu den meisten namhaften Theologen der Liturgischen Bewegung, die sich primär der Forschung zuwandten, vorrangig der Erklärung der Gebete, Handlungen und Symbolen der Messe.
Zentraler Ort seiner Experimente war die kleine romanische Kirche St. Gertrud, gleich in der Nähe des Stifts. Sie wurde damit zu einem Ort der Erneuerung und Reformen, damit die Bibel durch seine Liturgie- und Bibelstunden der breiten Öffentlichkeit besser zugänglich gemacht werden konnte. Parsch gründete das „Klosterneuburger Bibelapostolat“, einen eigenen Verlag und eine Druckerei in St. Gertrud. Seine mehreren hundert Bücher und Schriften wurden in 17 Sprachen übersetzt und werden in der ganzen Welt gelesen. Daraus entstand später das heutige Pius-Parsch-Institut und die „Liturgiewissenschaftliche Gesellschaft Klosterneuburg“. Mit über 200 Mitgliedern fungiert sie als Trägerverein für das Institut, das sich mit Liturgieforschung, der Nachlassbetreuung und der Herausgabe von Schriften befasst.
In den 1960er Jahren griff das Zweite Vatikanische Konzil seine Ideen auf und verschaffte ihnen noch mehr Popularität. Noch viele Jahre später erinnern sich namhafte Kirchenvertreter an den Einfluss Parschs auf die Liturgie und die damit verbunden Neuformung des Kirchenbewusstseins.
Am 11. März 1954 verstarb Pius Parsch an den Folgen eines Schlaganfalls, sein Grab befindet sich in der Kirche St. Gertrud.
Quelle: Pius Parsch Institut